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Konsequent nachhaltig: Wie die EAM aus Holzabfällen Wärme für Schulen generiert

Bei einer europaweiten Ausschreibung setzte sich die EAM als kommunaler Energieversorger durch und erhielt für einen Zeitraum von 20 Jahren den Zuschlag für die Nahwärmelieferung für das Schulzentrum in Kirchhain. Regenerativ erzeugte Heizwärme und Warmwasser kommen ab 1. Oktober aus der neu errichteten Heizzentrale im eigenen Biomassezentrum der EAM im Ortsteil Stausebach. Holzabfälle und Resthölzer aus der Landschaftspflege im Landkreis werden hier zu verheizbaren Holzhackschnitzeln aufgearbeitet und dienen damit der Versorgung mit umweltfreundlicher Energie vor Ort. Bei einer Wärmelieferung von 3.100 Megawattstunden an die Kirchhainer Schulen pro Jahr werden so 650 Tonnen schädliches Kohlendioxid vermieden. In einer zweiten Phase soll auch das Bürgerenergiedorf in Stausebach von der Nahwärmeversorgung profitieren.

Zusammen mit Ulrich Löttert-Götz, Leiter Bioenergieprodukte im Biomassezentrum Stausebach, und Oliver Ramm, Leiter Unternehmenssteuerung und verantwortlicher Projektleiter, werfen wir einen Blick hinter die Kulissen des aktuell laufenden Probebetriebs in der Heizzentrale.

EAM Biomassezentrum Stausebach
EAM Portrait Oliver Ramm

1,7 Millionen Euro investiert die EAM in den Ausbau des örtlichen Wärmenetzes in Kirchhain. Auch das interne Wärmenetz der Alfred-Wegener-Schule (AWS) und der Beruflichen Schulen Kirchhain (BSK) wird dabei energetisch erneuert. Sie sagen, die neue Heizzentrale mit Kesselanlage im Biomassezentrum Stausebach sei einzigartig. Was zeichnet sie aus?

Oliver Ramm:  Unser ganzheitliches und nachhaltiges Konzept setzt auf Biomasse aus der Region als regenerative Wärmequelle für die Nahwärmeversorgung. Dieses bunte Gemisch an Hölzern, was wir hier in den Kessel schicken, beherrschen normalerweise nur sehr große Kraftwerke, für relativ kleine Heizkraftwerke wie unseres ist das schon eine Kunst. Außerdem produziert der Kessel auch die Prozesswärme, die wir für den Gasaufbereitungsprozess im Biomassezentrum benötigen. 

Welche Herausforderungen sind mit der holzigen Biomasse aus Landschaftspflegematerialien verbunden? 

Ulrich Löttert-Götz: Holz ist nicht gleich Holz und unser Ausgangsmaterial ist so verschieden wie das, was im Landkreis wächst und gedeiht. Wir sammeln und verwenden astiges, holziges Material, das uns gewerbliche und auch private Kunden liefern, die ihre Büsche und Bäume in ihren Gärten schneiden, jährlich rund 6.000 Tonnen. Im Gegensatz zu dem Käferholz, das viele Kesselbetreiber derzeit nehmen, weil es lediglich zu Schnitzeln gehackt werden muss und kaum Asche produziert, kann bei uns vom Rosenstock über Eiche oder Obstbäume alles dabei sein. Auch die 9.000 Tonnen Straßenbegleitgrün, die wir zukünftig jedes Jahr noch zusätzlich annehmen dürfen, bergen eine große Vielfalt. 

EAM Portrait Ulrich Löttert-Götz
EAM Biomasse Holzhackschnitzel

Die Aufarbeitung ist das A & O, damit die Holzhackschnitzel ideal in der Kesselanlage verbrennen. Welche Rolle spielen Größe, Konsistenz und Feuchte? 

Ulrich Löttert-Götz: Im Prinzip ist die Brennstoffproduktion für uns nichts Neues – das Material wurde ja bisher auch nicht in Luft aufgelöst, sondern ging geschreddert und gesiebt in andere Heizkraftwerke. Zukünftig steuern wir allerdings nichts mehr ab, sondern verwenden alles Material selbst. Häckseln, Sieben, Trocknen sind die notwendigen Arbeitsschritte bei der Aufarbeitung der Hölzer, Feinmaterial sieben wir aus, um Asche zu vermeiden, auch die Steine aus dem Straßenbegleitgrün entfernen wir. Die Größe der Hackschnitzel ist weitgehend standardisiert und der Brennstoff sollte eine bestimmte Feuchte nicht überschreiten, um den Energieaufwand zum Verdampfen des Wassers möglichst gering zu halten. Sie sehen, wir arbeiten hier am Optimum. Im Moment experimentieren wir noch mit dem Trocknungsprozess und testen eine überdachte und die offene Lagerung. Das perfekte Brennmaterial erreicht im Kessel einen hohen Wirkungsgrad.

Deswegen auch der Probebetrieb?

Oliver Ramm: Die sechsmonatige Probephase nutzen wir, um alle Feinheiten des Prozesses von der Logistik und Materialaufarbeitung über die Verbrennung bis zur Abgasreinigung bis in seine Tiefen zu testen. Anfang Mai haben wir zum ersten Mal in das Innere des Kessels geschaut. Aus der Prüfung von Schamott und Abgasreinigung können wir nämlich wichtige Indikatoren zum sauberen Ablauf der Verbrennung gewinnen.

Kommt das geballte Knowhow für den Betrieb der Anlage allein aus der EAM?

Ulrich Löttert-Götz: Nicht komplett. 2014 wurde das Biomassezentrum errichtet, seitdem bin ich im Unternehmen. Ich habe das große Glück gehabt, dass ich meine innerste Überzeugung, sprich Bioenergie, zum Beruf machen konnte! Aber ich bin kein Kesselbauspezialist, für die hydraulischen Berechnungen braucht man schon einen Fachplaner. Diese Kenntnisse hat Viessmann mitgebracht, von denen jetzt auch die Kesselanlage stammt. Aber das grundsätzliche Knowhow, das haben wir hier bei der EAM.

Vorteile von Bioenergie
  • Sichere und stabile Arbeitsplätze für Landwirte und Zulieferer in der Region

  • Schonung von Ressourcen durch nachwachsende Rohstoffe und Senkung von CO2-Emissionen

  • Kostenersparnis: mit einem BHKW können durch den Einsatz von Biogas Strom und Wärme gleichzeitig erzeugt und effizient genutzt werden

Nachhaltige Aktivitäten

EAM Biomassezentrum Stausebach

Das Kirchhainer Schulzentrum liegt mit 1,4 Kilometern in Sichtweite des Biomassezentrums Stausebach. Trotzdem werden die Nahwärmeleitungen erst im Herbst gelegt. Warum?

Ulrich Löttert-Götz: Der Grund ist ein unscheinbarer Schmetterling mit durchaus ungewöhnlichen Fähigkeiten: Der Wiesenknopf-Ameisenbläuling, der mit dem Großen Wiesenknopf und seinen Wirtsameisen eine Lebensgemeinschaft bildet, bewohnt die Wiesen, die uns von dem Schulzentrum trennen. Er steht europaweit auf der Liste der gefährdeten Arten und ist in Deutschland durch das Bundesnaturschutzgesetz geschützt. Wird auf der Wiese zum falschen Zeitpunkt gegraben oder gemäht, könnten Eier und Larven des Falters vernichtet werden. Die Wiesen-Schonzeit reicht vom 28. Februar bis 1. Oktober. Solange müssen wir noch warten. Die Anschlüsse sind aber schon vorhanden, das Material liegt bereit, und so wird das dann sehr schnell erledigt sein.

Die neue Heizzentrale der EAM im Biomassezentrum Stausebach verfügt über mehr Platz als nur für eine Kesselanlage. Haben Sie Ausbaupläne?

Oliver Ramm: Das Gebäude hat genau die Größe, damit wir die gleiche Anlage noch einmal spiegelverkehrt daneben setzen können, die dann in einer zweiten Phase das Bürgerenergiedorf Stausebach mit umweltfreundlicher Nahwärme beliefern soll. So machen wir hier in Kirchhain mit Nahwärme aus regionaler Biomasse nicht nur Schule, sondern versorgen auch die Bürger in direkter Nähe.

EAM Biomasseinfos Diagramm

Biomassezentrum Stausebach der EAM

Mit seiner Mehrfachverwertung unterschiedlicher organischer Abfälle ist das 2014 errichtete Biomassezentrum bereits einmalig in Hessen. Die modernste und gleichzeitig aufwändigste Einrichtung zur Verwertung von Biomasse am Standort Stausebach ist die Anlage zur Trockenvergärung von Bio- und Grünabfallen und Gewinnung von Rohbiogas. Eine Fermenter-Anlage zur Nassvergärung nachwachsender Rohstoffe produziert Rohbiogas. In der Gasaufbereitungsanlage erfolgt dann die Veredelung zu Bioerdgas, das über eine Verdichterstation direkt in das Erdgasnetz der EAM eingespeist wird. Die neue Heizzentrale mit Nahwärmeversorgung ist ein weiterer Baustein für die erfolgreiche Realisierung der Energiewende im ländlichen Raum.

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